Die Sprechmelodie oder Intonation ist ein ziemlich komplexes Thema. Mit Logox 4 können Sie den Melodieverlauf eines Satzes selbst beeinflussen. Dazu wird hier ein kleiner Einblick in die zugrundeliegenden Konzepte der Berechnung und Umsetzung der Sprechmelodie gegeben.
Um die Sprechmelodie zu erzeugen, werden im Satz an bestimmten Stellen hohe oder tiefe Zielpunkte gesetzt. Die Zielpunkte werden mit L (low - tief) und H (high - hoch) bezeichnet. Ausgehend von einem Startwert werden diese Zielpunkte miteinander verbunden. So entsteht der Melodieverlauf oder die Intonationskontur.
Die Zielpunkte werden innerhalb eines Satzes an zwei Positionen gesetzt:
Die wichtigsten Wörter eines Satzes werden akzentuiert. In der am stärksten betonten Silbe eines wichtigen Wortes wird ein Zielpunkt erreicht. Dieser Zielpunkt wird mit einem Stern markiert. H* setzt also einen hoher Zielpunkt in der hauptbetonten Silbe eines akzentuierten Wortes. In einem Satz können mehrere Wörter akzentuiert sein. Ein Beispiel:
Sie hat eine Zeitung gelesen.
"Zeitung" ist das wichtigste Wort dieses Satzes und wird akzentuiert. Die hauptbetonte Silbe ist "Zei". In dieser Silbe wird ein Zielpunkt gesetzt. Bei H* ist es ein hoher Zielpunkt. Bei L* ein tiefer.
Zielpunkte können aber auch um akzentuierte Silben herum auftreten. D.h. auch in der vorherigen oder der folgende Silbe kann ein Zielpunkt gesetzt werden. Diese Zielpunkte werde mit einem "+" an den Ton der Akzentsilbe angehängt (z.B.: "L+H*" oder "L*+H"). Im ersten Fall (L+H*) wird ein tiefer Zielpunkt in der Silbe vor der Akzentsilbe gesetzt. Im Beispiel oben wäre das in der Silbe "ne" von "eine". Im zweiten Fall (L*+H) wird in der Silbe nach der Akzentsilbe ein hoher Zielpunkt gesetzt (im obigen Beispiel wäre das "tung" aus dem Wort "Zeitung".
Daraus ergibt sich das folgende Basisinventar für Akzenttöne:
H* | Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe |
L* | Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe |
L*+H | Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe
Hoher Zielpunkt nach der Akzentsilbe |
L+H* | Tiefer Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe |
H+L* | Hoher Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe |
H*+L | Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe
Tiefer Zielpunkt nach der Akzentsilbe |
H+!H* | Hoher Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Mittelhoher Zielpunkt in der Akzentsilbe (vgl. Downstep) |
Wenn nicht genügend Silben zur Verfügung stehen, um die Zielpunkte in benachbarten Silben zu setzen, werden sie in die akzentuierte Silbe verschoben. Ein Beispiel:
Ist das ein #ACC=L*+H# Test?
Der hohe Zielpunkt, der nach Test ausgeführt werden soll, kann nicht auf die nächste Silbe fallen. Daher wird er in der Silbe "Test" nach dem L Zielpunkt gesetzt.
Ein Satz ist eine intonatorische Einheit. Aber - insbesondere wenn er lang ist - wird er intern weiter gegliedert. In Logox 4 werden 3 Gliederungsebenen innerhalb eines Satzes unterschieden:
Diese Gliederungsebenen sind hierarchisch geordnet. An einer Satzgrenze ist automatisch auch eine IP-Grenze, eine AP-Grenze und eine RP-Grenze. Analog erzeugt eine IP-Grenze eine AP- und eine RP-Grenze, und eine AP-Grenze eine RP-Grenze.
Die Unterteilung eines Satzes (einer IP, einer AP) in rhythmische Phrasen wirkt sich nicht auf die Sprechmelodie aus. Sie dient der sprechrhythmischen Gliederung.
Die kleinste intonatorische relevante Einheit ist die Akzentphrase. Sie wird z.B. nach längeren Sinneinheiten gesetzt (z.B. "die Mutter des Kindes", "Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping"). Am Ende einer Akzentphrase wird ein Zielpunkt gesetzt. Diese Zielpunkte werden durch ein Minus "-" markiert. Daraus ergibt sich das folgende Basisinventar für AP-Grenztöne:
H- | Mittelhoher Zielpunkt am Ende der Akzentphrase. |
L- | Tiefer Zielpunkt am Ende der Akzentphrase. |
Eine Intonationsphrase entspricht ungefähr einem Nebensatz.
Ich habe gesehen, dass er mit dem Wagen gekommen ist.
Dieser Satz enthält (bei normaler Sprechweise) zwei Intonationsphrasen.
Da eine Intonationsphrase immer mit einer Akzentphrase zusammenfällt, wird an dieser Stelle auch immer ein AP-Grenzton gesetzt. Die beiden Grenztöne zusammen können daher auch komplexe Tonbewegungen erzeugen. Der Grenzton der Intonationsphrase ist durch ein Prozentzeichen "%" gekennzeichnet. Die beiden Grenztöne werden nicht getrennt geschrieben, sondern sie werden in einem Symbol zusammengefasst. In einem zusammengesetzten IP-Grenzton setzt L% keinen eigenen Zielpunkt. Daher wirkt sich L% auch nicht auf die Bewegungsrichtung der Sprechmelodie aus. Daher wird "L%" durch "%" ersetzt. Daraus ergibt sich folgendes Basisinventar für IP-Grenztöne:
L-%, L-L% | Tiefer Zielpunkt am Ende der IP.
Wie L- nur etwas tiefer |
L-H% | Tiefer Zielpunkt nach der letzten Akzentsilbe
Mittelhoher Anstieg am Ende der IP |
H-%, H-L% | Mittelhoher Zielpunkt am Ende der IP (wie H-) |
H-H% | Mittelhoher Zielpunkt nach der letzten Akzentsilbe
Hoher Anstieg am Ende der IP |
Auch hier gilt, dass Zielpunkte, für die nicht genügend Silben zur Verfügung stehen, zusammengeschoben werden und im Extremfall alle auf einer einzigen Silbe realisiert werden.
Die Tonhöhe der hohen Zielpunkte von Akzenten und Grenztönen wird manchmal von vorhergehenden Akzenten beeinflusst. Ein Akzentton oder Grenzton (mit Einschränkungen bei H%) kann den Stimmumfang für nachfolgende Zielpunkte stufenweise verringern (Downstep) oder erweitern (Upstep). Während eine Verringerung des Stimmumfangs häufig zum Ende eines Satzes vorkommt, tritt die Erweiterung nur in expressiver Sprechweise auf. Hohen Zielpunkten, die den Stimmumfang verringern, wird ein Ausrufezeichen "!" vorangestellt. Hohe Zielpunkte, die den Stimmumfang erweitern, werden durch ein "^" markiert. Abgesehen vom Stimmumfang ändert sich aber nichts an der Charakteristik des zugrundeliegenden Akzent- oder Grenztons. Mit folgender Ausnahme:
H+!H* ist ein Akzentton mit eigener Charakteristik. Vor der akzentuierten Silbe wird ein hoher Zielpunkt erreicht. Dann findet die Reduktion des Stimmumfangs statt, und der neue hohe Zielpunkt ist etwas tiefer als vorher, aber nicht tief. Alle folgenden hohen Zielpunkte sind im Stimmumfang reduziert.
Die Reduktion bzw. Expansion des Stimmumfangs kann mehrmals erfolgen.
Durch diese Modifikationen erweitert sich das Inventar auf folgende Werte.
Basiston | Modifikationen | Zielpunkte und deren Position |
Akzenttöne |
||
H* | !H*, ^H* | Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe |
L* | Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe | |
L*+H | L*+!H, L*+^H | Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe
Hoher Zielpunkt nach der Akzentsilbe |
L+H* | L+!H*, L+^H* | Tiefer Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe |
H+L* | !H+L*, ^H+L* | Hoher Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Tiefer Zielpunkt in der Akzentsilbe |
H*+L | !H*+L, ^H*+L | Hoher Zielpunkt in der Akzentsilbe
Tiefer Zielpunkt nach der Akzentsilbe |
H+!H* | !H+!H*, ^H+!H* | Hoher Zielpunkt vor der Akzentsilbe
Mittelhoher Zielpunkt in der Akzentsilbe (vgl. Downstep) |
Grenztöne |
||
H- | !H-, ^H- | Mittelhoher Zielpunkt am Ende der Akzentphrase. |
L- | Tiefer Zielpunkt am Ende der Akzentphrase. | |
L-% | Tiefer Zielpunkt am Ende der IP.
Wie L- nur etwas tiefer |
|
L-H% | L-!H% | Tiefer Zielpunkt nach der letzten Akzentsilbe
Mittelhoher Anstieg am Ende der IP |
H-% | !H-%, ^H-% | Mittelhoher Zielpunkt am Ende der IP (wie H-) |
H-^H% | !H-^H%, ^H-^H% | Mittelhoher Zielpunkt nach der letzten Akzentsilbe
Hoher Anstieg am Ende der IP |
Nach dieser Einführung werden nachfolgend die einzelnen Speechtags zur Steuerung der Sprechmelodie beschrieben.
Speechtag |
Beschreibung |
Werte |
Setzt einen Akzent auf das folgende Wort. |
H*, L*, L+H*, H+L*, L*+H, H*+L !H*, L*, L+!H*, !H+L*, L*+!H, !H*+L ^H*, L*, L+^H*, ^H+L*, L*+^H, ^H*+L |
|
Alle folgenden Wörter bis zur nächsten IP-Grenze sind nicht akzentuiert. |
keine |
|
Das nächste Wort ist nicht akzentuiert. |
keine |
|
Setzt eine große Grenze, die sich melodisch auswirkt. |
L-%, L-H%, H-%, H-H%, H-^H% L-%, L-!H%, !H-%, !H-^H% L-%, L-^H%, ^H-%, ^H-^H% |
|
Unterbindet das Setzen einer großen melodischen Grenze an dieser Stelle im Text. |
keine |
|
Setzt eine kleine Grenze, die melodisch interpretiert wird. |
L-, H-, !H-, ^H- |
|
Unterbindet das Setzen einer kleinen melodischen Grenze an dieser Stelle im Text. |
keine |
|
Setzt eine kleine Grenze, die sich nur rhythmisch auswirkt. |
keine |
|
Unterbindet das Setzen einer rhythmische Grenze an dieser Stelle. |
keine |
#ACC = strAkzent#
#ACC#
Das folgende Wort ist akzentuiert und erhält einen der Tonakzente aus der Werteliste. Wenn kein Wert gesetzt wird, wird ein berechneter Wert realisiert.
H*, L*, L+H*, H+L*, L*+H, H*+L, H+!H*
!H*, L*, L+!H*, !H+L*, L*+!H, !H*+L, !H+!H*
^H*, L*, L+^H*, ^H+L*, L*+^H, ^H*+L, ^H+!H*
#ACC=L+H*# #ACC#
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#LASTACC#
Manchmal werden nicht alle Wörter in einem Satz akzentuiert. Dabei kommt es oft vor, dass eine Gruppe von Wörtern am Satzende keine Akzente mehr bekommt, da das wichtigste Wort des Satzes relativ früh im Satz steht, wie zum Beispiel in:
"Wer ißt gerne süße Bonbons?" "Peter ißt gerne süße Bonbons."
In der Antwort auf die Frage sind alle Wörter nach "Peter" deakzentuiert. Das kann man mit "LASTACC" erwirken:
"Wer ißt gerne süße Bonbons?" "Peter #LASTACC# ißt gerne süße Bonbons."
Alle Wörter nach dem Speechtag bis zum Ende der Intonationsphrase sind deakzentuiert.
LASTACC nimmt keine Parameter.
#LASTACC#
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#NOACC#
Das folgende Wort ist nicht akzentuiert. Eventuell gesetzte Akzente werden gelöscht.
NOACC nimmt keine Parameter.
#NOACC#
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#IP#
#IP = strIPGrenzton#
Die Intonationsphrase (IP) ist die größte Grenze innerhalb eines Satzes. An IP-Grenzen findet immer eine Sprechmelodiebewegung statt. Diese kann explizit gesetzt werden. Das Tag ohne Wert setzt eine Phrasengrenze, und ein Phrasengrenzton wird dann automatisch zugewiesen. Innerhalb eines Satzes finden meist keine fallenden Bewegungen statt. Fallende Konturen sind am Satzende allerdings sehr häufig.
Als Wert kann auch einer der folgenden IP-Grenztöne übergeben werden:
L-% | Tiefer Fall |
L-H% | Zunächst fallend am Ende mittelhoch steigend |
H-% | Mittelhoher flacher Tonverlauf |
H-^H% | Hoher Anstieg |
Ungewöhnlichere Tonverläufe sind:
L-^H% | Zunächst tief fallend, dann sehr hoch steigend. |
!H-% | Halbhoher flacher Tonverlauf. Oft beim Rufen. |
^H-% | Hoher flacher Tonverlauf. |
^H-^H% | Schnell steigender, hoch endender Tonverlauf. |
!H-^H% | Halbhoher Abfall, am Ende sehr hoch steigend. |
#IP# #IP=L-H%#
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#NOIP#
Unterdrückt das Setzen einer IP Grenze an dieser Position.
#NOIP#
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#AP strAPGrenzton#
#AP#
Die kleinste Phrasengrenze innerhalb eines Satzes, die sich auf die Sprechmelodie auswirkt, ist die Akzentphrase (AP). Hier kommen nur einfache Melodieverläufe vor. AP-Grenzen kommen nur satzintern vor.
Das Tag ohne Wert setzt eine Phrasengrenze. Dann wird ein Grenzton berechnet. Als Wert kann auch einer der folgenden AP-Grenztöne übergeben werden:
L- | fallend oder tief |
H- | mittelhoch und dann flach |
!H- | leicht fallend und dann flach |
^H- | steigend oder hoch und flach |
#AP# #AP=H-#
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#NOAP#
Unterdrückt das Setzen einer AP-Grenze nach dem vorhergehenden Wort. Die Akzentphrase (AP) ist die kleinste intonatorisch relevante Einheit.
#NOAP#
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#RP#
Setzt eine RP-Grenze nach dem vorhergehenden Wort. Die rhythmische Phrase (RP) ist die kleinste Grenze, die man in einem Satz setzen kann. Sie wirkt sich nicht auf den Sprechmelodieverlauf aus. Nur die rhythmische Struktur wird variiert.
#RP#
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#NORP#
Unterdrückt das Setzen einer RP-Grenze nach dem vorhergehenden Wort. Dadurch wird die Bildung einer rhythmischen Phrase, der kleinsten satzinternen Einheit, unterdrückt, und die rhythmische Struktur des Satzes verändert.
#NORP#